Das Zentrum ist immer am Rand

Veröffentlicht am 2. Juni 2025 um 09:23

In der letzten Peergroup bin ich bei diesem Satz "Das Zentrum ist immer am Rand" hängen geblieben. Was heißt denn das? Der Satz verwirrte mich, machte mich schwindelig.  Ich fragte mich: Was hat das mit mir zu tun, wenn ich bei diesem Satz innehalte.

Also überlegte ich, assoziierte ... lies meinen Gedanken freien Lauf während ich auf einem Stück Papier den Rand, der im Zentrum steht, beschreiben wollte. Normalerweise fange ich in der Mitte, im Zentrum des Blattes zu zeichnen an, das Wesentliche darstellen, den Kern der Sache sehen. Aber diesmal ganz bewusst am Rand. Es fühlte sich fremd und sperrig an, das Blatt war mittig leer und erschien mir einfach nur groß.  Ich bezeichnete die Ränder mit Linien und Strukturen, in verschiedenen Farben. Meine Gedanken richteten sich auf Grenzen. Was machen meine Grenzen? Fällt es mir schwer hier die Randbereiche zu gestalten, weil mir das Gestalten meiner Grenzen nicht so geläufig ist? Was passiert mit den Grenzen, wenn sie sehr dicht werden, wenn das Innen völlig abgeschirmt ist. Wieviel Durchlässigkeit ist nötig?

In der Mediation arbeiten wir mit dem ... was noch? ... es muss nicht immer die erste Intuition sein, der erste Gedanke. Oft macht es Sinn weiterzudenken, mutiger zu denken, um die Ecke zu denken.

... am Rand ... wer oder was befindet sich in der Gesellschaft am Rand? Wer sind diese Menschen? Sind das Ausnahmetalente und Obdachlose oder sind es die über 2 Meter Großen oder doch die ganz Kleinen ect ect? Wer befindet sich am Rand von der Gesellschaft, und was macht das mit der Gesellschaft? Wer oder was setzt sie dort hin? Was macht das, wenn die Politik davon lebt am Rand zu agieren?

... was noch?...

Im Öffentlichen Raum markieren wir die Ränder von Stufen und Steigen, es soll uns achtsam machen, dass ab hier etwas anders ist. Aber auch die Ränder von Länder und Grundstücken, hier gilt das eine dort das andere. Was passiert, wenn Ränder verschoben werden, über Ränder diskutiert wird, über Ränder gestritten wird ... da fällt alles hinein, der Erbstreit, die Diskussion am Zaun über die Bäume, denen Grenzen beim Wachsen oft egal sind, der Krieg um Land und Einfluss, das Kinderzimmer, ein Raum in dem oft ganz eigene Gesetze herrschen....

... was noch? ...

Der Übergang von einer Lebensphase, Entwicklungsstufe in die nächste ... Lebenszeiten, die in Erinnerung bleiben, oft mehr als die routinierte, recht glatt laufende Zeit dazwischen. Auch hier spannt sich der Bogen von abrupten Brüchen bis hin zu sanften Übergänge, aber immer ist damit auch ein Wandel einhergehend, keine bloße Veränderung, wie eine unglücklich gewählte Haarfarbe, die früher oder später nicht mehr sichtbar ist. Ein Wandel ist Veränderung ohne Reset-Button.

Ich denke, dafür sind die Ränder da, zu sehen was ist, war, sein könnte oder auch sein wird.... und ja so gesehen ist das Zentrum immer der Rand.

Der Satz ist übrigens von der Ausnahmefotografin Diana Arbus ... noch zwei schöne Aussagen von ihr: "Begegne dem, was du vermeidest, mit direktem Blick." oder "Höre gut zu, wenn eine Stadt dir ihre Geheimnisse verrät."

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